Erdienbarkeit bei Entgeltumwandlung und Wechsel des Durchführungsweges

By 24. Juli 2018 August 10th, 2018 Allgemein

 Newsletter vom 20.07.218

Erdienbarkeit bei Entgeltumwandlung und Wechsel des Durchführungswegs

KapitalabfindundPensionszusage.jpeg

Der Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) kann aufgrund seiner Doppelfunktion als im Unternehmen Angestellter und gleichzeitig als Arbeitgeber fungierender GGF – ggf. in Abstimmung mit weiteren Gesellschaftern und im Rahmen der Angemessenheit (1) – frei über die Höhe und Zusammensetzung seiner Bezüge und die Finanzierung seiner betrieblichen Altersversorgung (bAV) entscheiden. Vermutlich aus diesem Grund fordert die Finanzverwaltung bislang bei über Entgeltumwandlung finanzierten Pensionszusagen des GGF die Einhaltung des Erdienbarkeitskriteriums (Verfügung der OFD Hannover vom 15.08.2014 – S 2742-259-St 241). Damit müssen zwischen Zusagedatum und frühestmöglichem Bezug der bAV mindestens 10 Jahre liegen; bei nichtbeherrschenden GGF sind es alternativ auch 3 Jahre, sofern die Dienstzeit insgesamt mindestens 12 Jahre umfasst. Weiter ist eine Entgeltumwandlung mit steuerlicher Anerkennung nach Vollendung des 60. Lebensjahres nicht mehr möglich.

Der BFH hat nun am 07.03.2018 einen Fall entschieden, bei dem es um die Frage der nötigen Erdienbarkeit bei einer Entgeltumwandlung im Durchführungsweg rückgedeckte Unterstützungskasse ging. Da es im Vorfeld der Entgeltumwandlung auch zu einem Wechsel des Durchführungswegs von der arbeitgeberfinanzierte Pensionszusage zur Unterstützungskasse gekommen war, hat sich der BFH auch zur Frage der Erdienbarkeit bei einem Wechsel des Durchführungswegs geäußert.

Erdienbarkeitskriterium bei Entgeltumwandlung nicht zu beachten

Der BFH bestätigt zwar die Erdienbarkeitsgrundsätze als wesentliches Kriterium für die steuerliche Anerkennung einer Versorgungszusage. Er stellt jedoch auch fest, dass die Erdienbarkeitsfrist nicht im Sinne einer allgemein gültigen zwingenden Voraussetzung verstanden werden kann. Ist aufgrund der Gegebenheiten des Einzelfalls anderweitig sichergestellt, dass mit der Zusage die künftige Arbeitsleistung des Geschäftsführers abgegolten werden soll, ist eine erdienbare Zusage auch dann anzunehmen, wenn die besagten Zeiträume nicht erreicht werden. Im Regelfall stellt demnach die fehlende Erdienbarkeit ein gewichtiges – aber dennoch ein widerlegbares – Indiz für die (Mit-) Veranlassung des Versorgungsversprechens durch das Gesellschaftsverhältnis dar.

Letztlich fußt das Merkmal der Erdienbarkeit auf der Vorstellung, dass es sich bei der bAV um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers in Anerkennung längerer Betriebszugehörigkeit und in Erwartung weiterer Betriebstreue handelt. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter, auf dessen mutmaßliches Verhalten es für den hypothetischen Fremdvergleich ankommt, würde einem Angestellten eine Altersversorgung folglich regelmäßig nur dann versprechen, wenn dieser voraus-sichtlich noch mindestens zehn Jahre für das Unternehmen tätig sein wird.

Diese Überlegungen treffen auf eine Altersversorgung, die der Arbeitnehmer durch Entgeltum-wandlung, also durch den Verzicht auf Teile des ihm ohnehin zustehenden Arbeitslohns selbst finanziert, nicht zu. Dies gilt – so der BFH – für jede Form der durch Entgeltumwandlung finanzierten Altersversorgung. Der im Wege des Fremdvergleichs gedachte Geschäftsleiter würde dem Wunsch eines Arbeitnehmers nach Entgeltumwandlung trotz fehlender Restdienstzeit nicht entgegentreten, weil das von ihm geleitete Unternehmen die finanziellen Folgen einer Zusage nicht zu tragen hat. Schließlich disponiert der Arbeitnehmer wirtschaftlich betrachtet ausschließlich über sein eigenes (künftiges) Vermögen, indem er Aktivbezüge zugunsten künftiger Altersbezüge investiert.

In dem am 07.03.2018 vom BFH entschiedenen Fall (I R 89/15) ist der BFH auf Basis dieser Über-legungen zu dem Ergebnis gekommen, dass bei einer über Entgeltumwandlung finanzierten bAV keine Einhaltung der Erdienbarkeitsfrist nötig ist. Allerdings muss die Entgeltumwandlungsverein-barung als solche den Anforderungen des sog. formellen Fremdvergleichs genügen.

Mit entscheidend für die Urteilsfindung war, dass es im Zusammenhang mit der Versorgungszusage nicht zu „unüblichen Gehaltsveränderungen“ gekommen war und das verbleibende Gehalt zur Deckung des laufenden Lebensunterhalts ausreichend war.

Betont sei, dass durchaus auch durch Entgeltumwandlung finanzierte Versorgungszusagen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sein können, z.B. wenn es zu sprunghaften Gehaltsanhebungen im Vorfeld der Entgeltumwandlung kam („verkappte“ arbeitgeberfinanzierte bAV), das komplette Gehalt mit der Folge einer „Nur-Pension“ umgewandelt wird oder die Versorgungszusage mit besonderen Risiko- und Kostensteigerungen für das Unternehmen verbunden ist.

Keine Erdienbarkeit bei Wechsel des Durchführungswegs

Der BFH stellt weiter klar, dass eine Prüfung der Erdienbarkeit der Versorgungszusage dann nicht angezeigt ist, wenn eine bereits bestehende Zusage ohne finanzielle Mehrbelastung für das Unter-nehmen geändert wird. Die Unterstützungskassenversorgung wurde im Zuge der Änderung des Durchführungswegs für den Future Service der ursprünglichen Pensionszusage eingerichtet. Zwar war im Urteil vom 20.07.2016 (I R 33/15) in einem anderen Fall dieser Sachverhalt als Neuzusage qualifiziert worden, doch hier war mit dem Wechsel des Durchführungswegs auch eine Zusageer-höhung verbunden gewesen. Die Folge war, dass nicht nur das „steuerrechtlich maßgebliche Rechtsregime“ für die Zusage gewechselt, sondern zugleich ein Lebenssachverhalt verwirklicht wurde, der nach den allgemeinen Grundsätzen eine Erdienbarkeitsprüfung auslöst.

Mit dem Wechsel des Durchführungswegs für den Future Service der Zusage war im am 07.03.2018 entschiedenen Fall keine Zusageerhöhung und damit kein finanzieller Mehraufwand für das Unternehmen verbunden. Der alleinige Wechsel des Durchführungswegs ohne Zusageerhöhung löst damit keine Prüfung der Erdienbarkeitsfristen aus.

Anwendung auf andere Durchführungswege und andere steuerliche Kriterien

Gemäß dem BFH-Urteil gelten die Kriterien für die steuerliche Anerkennung nicht nur für die Pensionszusage, sondern auch für die mittelbaren Durchführungswege, zumindest wenn die bAV vom Arbeitgeber finanziert wird. In der Praxis wurde die Prüfung der Kriterien für die steuerliche Aner-kennung einer Pensionszusage bei einer nach § 3 Nr. 63 EStG geförderten bAV bislang überwiegend nicht für nötig befunden. Wie die Finanzverwaltung hiermit umgeht, auch vor dem Hintergrund des gestiegenen Dotierungsvolumens von inzwischen 8% der BBG, ist abzuwarten.

Weiter stellt sich die Frage, ob die vom BFH für das Kriterium der Erdienbarkeit getroffenen Aus-sagen auf die anderen Kriterien, namentlich die Probezeit, zu übertragen sind. Unseres Erachtens müsste dies bejaht werden. Damit wäre also auch eine aus Entgeltumwandlung finanzierte bAV vor Ablauf der Probezeit von 2-3 Jahren ab Diensteintritt bzw. von 5 Jahren ab Unternehmensgründung möglich. Allerdings ist gerade die Abgrenzung zwischen arbeitnehmer- und arbeitgeberfinanzierter bAV in der ersten Zeit der Tätigkeit schwierig. Wie die Finanzverwaltung hiermit umgeht, bleibt ebenfalls abzuwarten.

Zusammenfassung

  1. Werden bestehende Gehaltsansprüche des GGF in eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung umgewandelt, scheitert die steuerrechtliche Anerkennung der Versorgungszusage regelmäßig nicht an der fehlenden Erdienbarkeit.
  2. Wird bei einer bestehenden Versorgungszusage lediglich der Durchführungsweg gewechselt (wertgleiche Umstellung einer Direktzusage in eine Unterstützungskassenzusage), so löst allein diese Änderung keine erneute Erdienbarkeitsprüfung aus.
  3. Die Rechtsgrundsätze für die steuerliche Anerkennung einer Pensionszusage sind grundsätzlich auf die mittelbaren Durchführungswege übertragbar.

(1) Angemessenheit sowohl im Hinblick auf die Höhe der Gesamtvergütung als auch im Hinblick auf die Höhe der Altersversorgung; vgl. BMF-Schreiben vom 14.10.2002 (IV A 2 – S 2742 – 62/02) und vom 03.11.2004 (– IV B 2 – S 2176 – 13/04).

Sie haben Fragen rund um das Thema betriebliche Altersversorgung?

Gern stehen wir Ihnen zur Verfügung.

Tel. 08142 – 58 7 60 Email: info@wbja.de